Hinter den Kulissen des ökologischen Weinbaus

Veröffentlicht am 2021-07-12

Was versteht man unter ökologischem Weinbau? Wie sieht die Realität aus?

Der ökologische Weinbau verfolgt das Ziel, das Ökosystem (den Boden) und die Gesundheit (den Menschen) maximal zu schützen.
Dazu werden verschiedene Praktiken kombiniert, die das Zusammenspiel zwischen Weinrebe, Boden und Klima durch den Einsatz umweltschonender Methoden fördern sollen. Seit dem 1. Januar 2005 kann das AB-Logo auch auf Weinetiketten aufgebracht werden, wenn für den Wein Trauben aus ökologischer Landwirtschaft verwendet wurden.
Die 1991 eingeführte EU-Verordnung für ökologische/biologische Produkte (kurz EG-Öko-Verordnung) schließt die Weinbereitung vor allem deshalb aus, weil es für diese kein geltendes Pflichtenheft gibt. Entsprechend sind von der Zertifizierung derzeit nur Weintrauben betroffen.
Verschiedene Organisationen (wie der französische Dachverband für Bioweine Fédération nationale interprofessionnelle des vins de l’agriculture biologique, der Verein Nature et Progrès und die Verbände für Biodynamik Demeter und Biodyvin) schlagen deshalb privatrechtliche Standards für die Weinbereitung vor, von denen einige von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle kontrolliert werden.
Mit diesem freiwilligen Ansatz werden gleich zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll die Verordnung weiter vorangebracht und zum anderen den Verbrauchern die Gewissheit geben werden, dass sie – vom Weinstock bis zur Flasche – Produkte mit Bio-Zertifikat finden können.

Was versteht man unter ökologischem Weinbau?

Die Normen für den ökologischen Landbau werden in einer europäischen Verordnung (EWG 2092/91) vom 24. Juni 1991 festgelegt. Diese enthält unter anderem folgende Vorgaben:
–       das Gewerbe muss beim Land- und Forstwirtschaftsamt angemeldet sein (in Frankreich: Direction départementale de l’agriculture et de la forêt);
–       bei der Bewirtschaftung der Weinreben dürfen keine synthetischen Chemikalien eingesetzt werden;
–       die Regeln des ökologischen Landbaus sind drei Kampagnen lang anzuwenden, bevor die Weine mit dem Hinweis „Wein aus Trauben aus ökologischem Anbau“ etikettiert werden dürfen;
–       der Betrieb muss von einer vom Landwirtschaftsministerium zugelassenen Stelle zertifiziert sein.
Der biodynamische Weinbau geht noch einen Schritt weiter als die Herstellungsnormen des ökologischen Landbaus. Er erlegt Winzern zusätzliche präventive Methoden auf und hat zum Ziel, die Organismen durch die Einbeziehung kosmischer Einflüsse (z. B. Mond und Sonne) wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Schließlich werden alle Weine aus dem ökologischen Landbau einer jährlichen Kontrolle und Zertifizierung unterzogen. Damit gehören die Weinbauverfahren von Biowinzern heute zu den am häufigsten kontrollierten landwirtschaftlichen Produktionsverfahren.

Die wichtigsten Eckpunkte der Standards für Bioweine

In den Standards für Bioweine werden die Regeln der einzelnen Weinherstellungsphasen festgelegt. Diese richten sich nach den Weintypen (Rot-, Weiß- und Roséweine, Champagner, Schaumweine und Crémant, liebliche und süße Weine, Likörweine und natürliche Dessertweine) und definieren alle Schritte vom Most bis zur Flaschenabfüllung sowie sämtliche in den einzelnen Etappen zulässigen Erzeugnisse und ihre jeweiligen Mengen.
-        Für die Bereitung von Bioweinen dürfen nur Weine verwendet werden, die aus Trauben aus ökologischem Anbau und unter Einhaltung der Standards hergestellt wurden.
-        Es dürfen nur zugelassene önologische Erzeugnisse in minimalen und vertretbaren Mengen sowie in möglichst purer Form verwendet werden.
-        Eine Reihe von Produkten und Verfahren, wie die Verwendung von chemischen Düngemitteln, synthetischen Pestiziden, gentechnisch veränderten Organismen (GVO) oder aus GVO hergestellten Erzeugnissen sowie bestimmte Gäraktivatoren mit einem zu hohen Schwefelgehalt sind untersagt.
-        In einer Positivliste von Produkten und Verfahren werden Alternativen zu verbotenen Stoffen bzw. Erzeugnissen angeboten.
-        In den Standards wird außerdem die Einführung eines Tracking-Systems empfohlen, mit dem sich die Abläufe in der Weinkellerei rückverfolgen lassen.
Der administrative Aufwand mag manchen enorm erscheinen, er garantiert jedoch ein wirklich ökologisches Vorgehen.
Heute wird die Herstellungsmethode übrigens einhellig von der Weinbranche anerkannt, und die jährliche Zunahme an Bioweinbauflächen ist Beweis dafür, dass der Ansatz mit der steigenden Nachfrage nach umweltschonenden Methoden und biologischer Vielfalt in Einklang steht.

Wozu dient der ökologische Weinbau?

Das Hauptziel des ökologischen Weinbaus ist der Schutz des Ökosystems und der Gesundheit. Er zieht seine Daseinsberechtigung aber auch aus anderen wichtigen Entwicklungen.

Ziel des ökologischen Weinbaus ist die Herstellung von hochwertigem Wein.

Die Anstrengungen, die in den vergangenen Jahren in Sachen Qualität unternommen wurden, tragen ihre Früchte, und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Bioweine werden inzwischen regelmäßig in Wettbewerben für sogenannte „konventionelle Weine“ prämiert (Concours Général de Paris, Concours International de Lyon usw.). Auch in den Weinguides sind sie zahlreich vertreten und genießen landesweit und manchmal sogar international ein hohes Ansehen: In der Bourgogne wären La Romanée Conti, Lalou Bize Leroy und Anne Claude Leflaive zu nennen. Im Elsass sind es Kreydenweiss, Humbrecht, Deiss, im Loiretal Nicolas Joly (la Coulée de Serrant), die Domaine Huet und Marc Angeli, im Weinbaugebiet Rhône das Maison M. Chapoutier und in der Provence das Weingut Hauvette. Zu den Grands Crus Classés zählen unter anderem Pontet Canet in Pauillac oder Fonroque in Saint Emilion, während ein etwas „frecherer“ Stil von Weingütern wie Claude Courtois, Les Breton oder Richaud vertreten wird. Wobei die Neuentdeckungen von morgen noch nicht mitgezählt sind.

Der ökologische Weinbau trägt zur Diversifizierung und Segmentierung des Weinangebots bei.
Der französische Weinbau steckt in einer „nachhaltigen“ Krise und der ökologische Weinbau ist eine echte Alternative mit neuen Möglichkeiten. Er geht auf die Erwartungen der Verbraucher ein, die sich umweltschonende Produkte wünschen.

Er ermöglicht die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen.
Die Anbaumethoden des ökologischen Weinbaus erfordern eine regelmäßige Pflege der Weinstöcke, eine nachhaltige Weinbergsarbeit und bestimmte manuelle Eingriffe, die insgesamt etwas mehr Arbeitskräfte erfordern als im konventionellen Weinbau.

Er hilft beim Schutz der Wasserressourcen
Durch den Verzicht auf Unkrautvernichter reduziert der ökologische Weinbau das Risiko der Grundwasserverschmutzung deutlich.

Wer zählt zu den Bio-Winzern und wo sind sie anzutreffen?

2009 bewirtschafteten 3 024 Weinbaubetriebe eine Fläche von 17 492 Hektar, das sind weniger als 2 % der Weinbauflächen. 21 654 Hektar werden derzeit auf den ökologischen Weinbau umgestellt, so dass in drei Jahren die Zahl von 4,4 % erreicht sein wird.
Verteilung des ökologischen Weinbaus in Frankreich im Jahr 2009 (Quelle: Agence Bio)

 

Anzahl der Weinbaubetriebe

Hektar Bioweinbau

% der Fläche

Hektar in der Umstellung

Champagne-Ardenne

20

62

0,5 %

33

Alsace

72

463

4 %

240

Bourgogne

73

418

3,5 %

173

Rhône-Alpes

142

808

6,8 %

309

PACA

254

2797

23,8 %

584

Languedoc-Roussillon

335

3795

32,2 %

1236

Midi-Pyrénées

96

219

1,9 %

171

Aquitaine

218

1822

15,5 %

492

Poitou-Charentes

92

660

5,6 %

209

Loire

68

724

6,1 %

193


Eine kritische, objektive und unvoreingenommene Beurteilung der Weinqualität scheint angesichts der vorgefassten Meinungen von Befürwortern und Kritikern gleichermaßen unverzichtbar
Hierzu können wir zwei Antworten festhalten:
In einer der Sitzungen des landesweiten Wettbewerbs für Bioweine wurden 15 Flaschen aus dem konventionellen Weinbau unter die Proben gemischt. Alle hatten in anderen Wettbewerben Auszeichnungen errungen (fünf Goldmedaillen, zwei Silbermedaillen) und zehn waren in spezialisierten Weinmagazinen und Weinguides hochgelobt worden. Unter ihnen erhielten nur drei eine Medaille.
Des Weiteren ist die außergewöhnlich hohe und weltweit anerkannte Kompetenz bestimmter Biowinzer zu erwähnen. Als Beispiele sind in der Bourgogne Lalou Bize Leroy und Anne Claude Leflaive zu nennen. Im Elsass sind es Kreydenweiss und Humbrecht, im Loiretal Nicolas Joly (La Coulée de Serrant), die Domaine Huet und Marc Angeli, im Weinbaugebiet Rhône das Maison M. Chapoutier und in der Provence das Weingut Hauvette. Ein etwas „frecherer“ Stil wird von Weingütern wie Claude Courtois, Les Breton. Lapierre, Pithon oder Richaud vertreten. Wobei die Entdeckungen von morgen noch nicht mitgezählt sind.


Pierre GUIGUI